Kleinere Teller und andere Erfolgsrezepte

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Seit einem Jahr engagiert sich die Jugendherberge Köln-Riehl im Rahmen des MehrWert-Projekts gegen Lebensmittelabfälle und für einen klimafreundlichen Speiseplan. Reiner Schopen, stellvertretender Küchenleiter, zieht ein erstes Fazit und spricht über weitere Pläne.
Ein Koch mit einem Abfallbehälter
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Herr Schopen, Sie konnten die Gesamtmenge an Lebensmittelabfällen von anfangs 21 Prozent auf aktuell 9 Prozent verringern. Wie haben Sie das geschafft? 

Aufsteller auf der Ausgabetheke der JugendherbergeReiner Schopen: Beim Frühstück und teilweise auch beim Abendessen setzen wir kleinere Teller ein. Außerdem haben wir beim warmen Mittagessen die Portionen verkleinert und arbeiten mit einem Kellenplan. Das heißt, dass beispielsweise Kinder weniger auf den Teller bekommen als Erwachsene. Beim Salatbüffet verwenden wir kleinere Schüsseln und füllen erst nach, wenn etwas leer ist. Das gilt auch für den Nachtisch. Die Auswahl ist aber genauso groß wie vorher.

Gibt das nicht Beschwerden, wenn die Portionen kleiner sind?

Reiner Schopen: Kaum. Die Gäste werden ja durch Hinweistafeln, die das MehrWert-Projekt zur Verfügung stellt, und im persönlichen Gespräch darauf hingewiesen, dass sie jederzeit einen Nachschlag bekommen können. Manche murren erst, kommen dann aber doch nicht wieder, weil sie nämlich satt sind. Schließlich gibt es außer dem Hauptgericht auch noch Salat und Dessert.

Sie haben als Kölner City-Jugendherberge sowohl Schülergruppen als auch viele Tagungsgäste, Familien und Städteurlauber zu Gast. Wirkt sich das auf die Essensplanung aus? 

Reiner Schopen: Wir schauen uns jetzt die Essensteilnehmer und den Speiseplan sehr intensiv an. Wenn beispielsweise viele Schüler-, aber weniger Tagungsgruppen da sind, machen wir das Salatbüffet kleiner. Rindergulasch mit Nudeln würde ich eher Erwachsenen anbieten und für Kinder Nudeln mit Tomaten- oder einer anderen Sauce machen.

Sie haben jetzt schon zum dritten Mal zwei Wochen lang gemessen, was die Küche verarbeitet hat und was am Ende übrig blieb. Warum?

Reiner Schopen: Wir haben nach der ersten Messung viele Empfehlungen des MehrWert-Projekts umgesetzt, bei der zweiten Messung im März 2019 hatten wir dann schon eine Verringerung der Abfälle um ein Drittel. Aber wir probieren immer weiter, uns zu verbessern. Beispielsweise haben wir seit etwa einem Monat keine Tabletts mehr in unseren beiden Speiseräumen.

Was bringt das? 

Reiner Schopen: 600 bis 700 Tabletts sind bei uns täglich durchgegangen und mussten anschließend gespült werden. Das sparen wir uns jetzt und damit auch jede Menge Wasser, Energie, Spülmittel und Arbeitszeit. Wie in anderen Jugendherbergen üblich, bringen die Gäste das Geschirr zurück und sortieren es. Nebeneffekt: Wenn man kein Tablett hat, kann man es auch nicht mit Essen überladen, das am Ende übrig bleibt. Öfter laufen, weniger wegwerfen sozusagen.

Was tun Sie sonst noch in Sachen klimafreundliches Essen? 

Reiner Schopen: Saisonalität ist derzeit bei uns ein großes Thema. Am Salatbüffet gibt es jetzt im Winter keine Tomaten oder Paprika, sondern stattdessen zum Beispiel Rote Bete, Krautsalat oder Rotkohl. Außerdem verwenden wir weniger, dafür aber hochwertigeres Fleisch – beispielsweise in der Bolognaise-Sauce, in der wir den Gemüseanteil erhöht haben. Und es gibt jetzt immer dienstags einen Veggieday. 

Ein rein vegetarischer Tag? Wie kommt das denn an?

Reiner Schopen: Natürlich gibt es da Reaktionen, allerdings überwiegend positive. Viele Schüler kennen Veggiedays ja schon aus ihrer Mensa, Erwachsene aus ihrer Betriebskantine. Man merkt, dass das Thema in den Köpfen angekommen ist. Vegetarisches Essen wird zunehmend nachgefragt und wir bewerben den Veggieday sogar. Ein Gast sagte zu mir: „Ich finde es gut, dass man auch mal gezwungen wird, auf Fleisch zu verzichten.“

Seit einem Jahr nimmt die Jugendherberge Köln-Riehl jetzt am MehrWert-Projekt teil. Ihr Fazit?

Reiner Schopen: Die Jugendherbergen im Rheinland wollen dazu beitragen, dass es der Umwelt und dem Klima besser geht. Als Küchenleitungen waren wir daher schon länger im Austausch, wie man klimafreundlicher kochen und Abfälle vermeiden kann. Im Projekt haben wir Wege kennengelernt und Unterstützung bekommen, das praktisch umzusetzen. Lebensmittelverschwendung ist ja allein auch deshalb nicht akzeptabel, weil es viele Menschen gibt, die hungern. Und es geht um Respekt vor dem Produkt und dem Tier. Als Köche arbeiten wir täglich mit Lebensmitteln. Da blutet jedem Koch das Herz, wenn er am Abend Abfälle wegbringen muss. 

Wie geht es jetzt weiter? 

Reiner Schopen: Wir bleiben dran am Thema Abfallvermeidung und versuchen wie gesagt noch saisonaler zu kochen und Lebensmittel aus der Region zu beziehen. Unseren Obst- und Gemüselieferanten haben wir für das Thema Verpackung sensibilisiert und bekommen jetzt Ware ohne Umverpackungen. Außerdem sind wir dabei, nach und nach die Portionspackungen abzuschaffen. 

Kooperation:

In einem Pilotvorhaben unterstützt und begleitet das Projekt MehrWertKonsum Jugendherbergen aus den Landesverbänden Rheinland und Westfalen-Lippe dabei, ihre Verpflegungsangebote abfallarm und klimafreundlich zu gestalten. Die Jugendherberge Köln-Riehl ist die größte im Rheinland. Pro Jahr werden dort etwa 200.000 Mahlzeiten serviert.   

Klimafreundliche Gemeinschaftsverpflegung:

Auch Schulen und Kitas sowie ihre Verpflegungspartner wie Caterer und Mensavereine können die Angebote des MehrWert-Projekts nutzen.

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