Foodsharing: Mehr Lebensmittel für bedürftige Menschen

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Auch unter den besonderen Corona-Bedingungen holen die Düsseldorfer Lebensmittelretter aussortierte Ware aus Supermärkten ab und "fairteilen" sie weiter. Birgit Korfmacher, Botschafterin für Düsseldorf-Nord, -Mitte und -West, spricht im Interview über die Veränderungen durch die Pandemie.
An einem Regal mit Lebensmittel befindet sich ein Banner mit Foodsharing Logo
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Birgit Korfmacher, foodsharing DüsseldorfWelche Auswirkungen hat Corona für euer Engagement?

Auch in unserer Initiative hat sich einiges geändert durch die Bestimmungen wegen Corona. Unsere letzten monatlichen Treffen fielen aus. Jetzt im Mai möchten wir ausprobieren, per Online-Video-Konferenz ein Treffen abzuhalten, darin haben wir noch gar keine Erfahrung. Weil alle Veranstaltungen abgesagt wurden, konnten wir natürlich auch unsere geplanten Info-Stände nicht mehr machen. Außerdem haben zum Lockdown auch einige unserer Kooperationsbetriebe geschlossen. Bei Cafés und Restaurants können wir also zurzeit nichts retten.

Gibt es insgesamt weniger oder sogar mehr aussortierte Lebensmittel als vor Beginn der Krise?

Durch die "Hamsterkäufe" gab es am Anfang der Corona-Zeit weniger aussortierte Lebensmittel. Aber mittlerweile ist es so wie vorher. Wir konnten auch neue Betriebe dazugewinnen, denn da die Tafel auch pausiert hat und es teilweise noch tut, haben wir in Supermärkten angefragt und können "Tafelersatz-Abholungen" machen. Sobald die Tafel ihren Betrieb wieder vollständig aufnimmt, stoppen wir das natürlich. Bei foodsharing gilt das "Tafel-first"-Prinzip.

Was müsst ihr beim Retten jetzt besonders beachten?

Auch wir tragen natürlich einen Gesichtsschutz (Mund-Nasen-Bedeckung). Außerdem dürfen wir nur zu zweit zu einer Abholung kommen. Das ist eine Herausforderung. Wo normalerweise vier Personen sortiert und die geretteten Lebensmittel abtransportiert haben, müssen das jetzt zwei Personen schaffen. Da achten wir darauf, dass ein Autofahrer oder eine Autofahrerin dabei ist. Auch haben sich die Öffnungszeiten vieler Geschäfte geändert. Wir sind über unsere Internetseite gut vernetzt und sehr flexibel, allerdings bringt es für die Betriebsverantwortlichen, deren Aufgabe es ist, alle Abholer*innen zu informieren, derzeit viel Arbeit.

Und wie klappt die Weitergabe der geretteten Lebensmittel?

Einige Einrichtungen, in denen wir unsere Fairteiler haben, sind geschlossen worden. Und ganz am Anfang hatten wir auch überlegt, unsere Fairteiler-Fahrräder stillzulegen, da andere foodsharing-Städte das gemacht haben. Wir haben uns aber dagegen entschieden, denn gerade in dieser Zeit ist die Bedürftigkeit der Menschen besonders hoch. Wir haben die Putzdienst-Frequenz an den Kisten, in die die Lebensmittel gelegt werden, erhöht und extra Hygiene-Vorschriften angebracht. Unser Fairteiler-Fahrrad auf der Kölner Straße haben wir sogar frisch "renoviert".

Stellt ihr fest, dass die Menschen aus Sorge vor einer Infektion weniger Lebensmittel annehmen?

Ich habe es nirgends erlebt, dass die Menschen mehr Scheu haben, gerettete Lebensmittel anzunehmen. Die Fairteiler sind genauso schnell leergeputzt wie früher und auch bei unseren Bringstellen (Obdachlosenheime, Flüchtlingsunterkünfte) sind die Lebensmittel ruckzuck weg. Wir versuchen außerdem möglichst viele Lebensmittel zum soziokulturellen Zentrum "zakk" zu bringen, wo eine Ausgabestelle für bedürftige Menschen eingerichtet worden ist. Die ist sehr gut besucht, weil ja viele Tafeln noch geschlossen haben.

Gibt es auch Positives an der ganzen Situation?

Positiv ist, dass fast alle foodsaver in der Stadt sind und auch viel Zeit haben, sich zu engagieren. Sonst gab es immer Zeiten, in denen es schwierig war, alle Abholungen durchzuführen – zum Beispiel in den Semester- oder Schulferien. Ich denke auch, unser Zusammenhalt hat sich gestärkt, weil wir mehr kommunizieren und uns besser abstimmen müssen. Und der Fokus auf die Bedürftigen hat sich verstärkt. Wir versuchen mehr diejenigen Menschen, die es wirklich brauchen, zu versorgen.

Wie ist dein persönliches Gefühl, vermisst du etwas?

Ich vermisse eigentlich nur unsere Info-Stände, weil die immer viel Spaß machen und man mit vielen Menschen ins Gespräch kommt. Allgemein habe ich die Zeit als eine ruhige Zeit empfunden (weniger Verkehr, weniger Stress). Und man merkt doch, dass man auch ohne Shoppen, Reisen usw. auskommt.

  • Aktuelle Informationen zum Lebensmittelretten in Zeiten von Corona bietet die Initiative "foodsharing" hier.
  • Foodsharing-Gruppen aus ganz NRW sind zu finden auf unserer Mitmachkarte.
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