Umweltfreundlicher Versand: Verbraucher sehen Händler in der Pflicht

Stand:
Wie wichtig sind Umweltkriterien für Kunden, die im Internet einkaufen? Dazu hat das Projekt MehrWert NRW eine repräsentative Umfrage durchführen lassen.
Illustration: Warenkörbe auf einer Hand
  • Meinungsforschungsinstitut imug befragt 1000 Verbraucher, die in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal Waren im Online-Handel bestellt haben.
  • Dass Verpackung und Versand umweltfreundlich sind, finden 42% der Befragten sehr wichtig.
  • Unkomplizierte Retouren stehen bei Käufern hoch im Kurs.
  • Verbraucher erwarten von Paketdienstleistern, dass sie ihre Zustell-Touren optimal planen.
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Immer mehr Menschen lassen sich eine Vielzahl von Waren nach Hause liefern – von Schuhen und Mode über Haushaltselektronik bis hin zu Lebensmitteln. Folge davon ist, dass die Verpackungsmengen steigen und Lieferverkehre die ohnehin vollen Straßen und damit auch die Luftqualität in den Großstädten zusätzlich belasten. Zwar kann unter Umständen die Klimabilanz online bestellter Waren besser sein als beim Einkauf im stationären Einzelhandel (1). Doch da der Online-Handel wächst, ohne dass weniger in Ladengeschäften eingekauft wird, steigt die Umweltbelastung durch Logistik insgesamt an (2). Daher ist es wichtig, dass der Versand von Waren aus dem Online-Handel möglichst klima- und ressourcenschonend gestaltet wird.

Das Projekt MehrWert NRW wollte vor diesem Hintergrund wissen: Wie relevant sind für die Kunden Umweltkriterien bei der Bestellung im Online-Handel? Welche Wünsche haben Verbraucherinnen und Verbraucher an Online-Shops und Paketdienstleister hinsichtlich einer umweltfreundlichen Logistik? Und welche Maßnahmen begrüßen sie, um umweltbelastende Retouren zu vermeiden? Dazu hat das Meinungsforschungsinstitut imug 1.000 Menschen befragt, die in den vergangenen 12 Monaten mindestens einmal Waren im Online-Handel bestellt haben. Mehr als die Hälfte der Befragten (56%) hatte in den vergangenen zwölf Monaten sogar als zehnmal Waren im Online-Handel bestellt. Ein knappes Viertel (24%) hatte nur ein oder zwei Online-Käufe getätigt.

Unkomplizierte Retouren sind für Verbraucher das wichtigste Kriterium beim Online-Einkauf

Die entscheidenden Kriterien beim Online-Einkauf sind für die befragten Verbraucher vor allem praktischer Natur: 72% gaben an, dass ihnen unkomplizierte Retouren „sehr wichtig“ sind. Auch eine kostengünstige Lieferung (66%), die Möglichkeit der Sendungs-Nachverfolgung (64%) und ein exakter Lieferzeitpunkt (63%) sind etwa zwei Dritteln „sehr wichtig“. Das Kriterium „Verpackung und Versand sind umweltfreundlich“ finden 42% der Befragten sehr wichtig – damit rangiert es im Mittelfeld. Weniger bedeutsam sind für Verbraucher die Auswahl zwischen verschiedenen Paketdienstleistern und die kurzfristige Änderung des Lieferzeitraums und -orts – diese Möglichkeiten waren nur für jeweils 28% „sehr wichtig“.

Insgesamt lässt sich somit sagen, dass Ressourcenschonung für viele Menschen zwar wichtig, aber nur ein Kriterium unter vielen ist und pragmatische Fragen beim Online-Kauf oft im Vordergrund stehen.

Verbraucher wünschen sich sparsamen Einsatz von Verpackungsmaterial

Weiterhin wurde danach gefragt, welche Maßnahmen seitens der Online-Shops die Verbraucher besonders begrüßen. Hier zeigte sich, dass die Umfrageteilnehmer besonderen Wert darauf legen, dass die Shops unnötiges Verpackungsmaterial vermeiden (71% ist dies „sehr wichtig“) und dass sie umweltfreundliche Verpackungsmaterialien einsetzen (für 64% „sehr wichtig“). Weniger Kunden (36 %) legen Wert darauf, dass Online-Shops zusätzlich über die Umweltauswirkungen verschiedener Versandmöglichkeiten informieren. Da solche Informationen darauf abzielen, dass Verbraucher selbst eine optimale Wahl treffen können, deutet die vergleichsweise geringe Zustimmung darauf hin, dass die Menschen die Verantwortung für umweltfreundlichen Versand vor allem bei den Online-Händlern selbst sehen.

Zur Verringerung von Umweltbelastungen erwarten Verbraucher eine optimierte Tourenplanung von den Paketdienstleistern

Neben den Online-Shops beeinflussen auch die Paketdienstleister die Klimabilanz des Versands maßgeblich mit. Daher wurde auch gefragt, welche Maßnahmen sich die Verbraucher von ihnen erwarten beziehungsweise wünschen. Dabei zeigte sich, dass Paketdienstleister den Befragten zufolge ein besonderes Augenmerk auf eine optimale Tourenplanung legen sollten. 64% stimmten einer entsprechenden Aussage „voll und ganz zu“.

Auch die Nutzung eines möglichst nahen Lieferorts bei Nicht-Anwesenheit (beispielsweise Abgabe beim Nachbarn) erfährt eine große Zustimmung (62% stimmen „voll und ganz“ zu). Diese Lösung kann zur Vermeidung von Mehrfahrten beitragen – und erscheint vielen im Alltag als sehr praktisch. Allerdings wissen viele Verbraucher nicht, dass die Gefahr für Beschädigung oder Verlust bei Ablage am vereinbarten Ablageort (z.B. Garage) auf sie übergeht. Auch bei Übergabe an den Nachbar kommt es häufig zu Fehl- oder Falschinformationen – bis hin zum Problem, dass gar keine Benachrichtigung hinterlassen wird. Hier sollten Verbraucher also abwägen, ob sie diese zwar praktische und umweltfreundliche, aber unter Umständen rechtlich nachteilige Option nutzen möchten.

Immerhin die Hälfte (48%) der Umfrageteilnehmer wünscht sich, dass Paketdienstleister umweltfreundliche Fahrzeuge wie zum Beispiel Elektro-Autos einsetzen. Nur relativ wenige Verbraucher (25%) stimmen allerdings der Aussage voll zu, dass Paketdienstleister ihre CO2-Emissionen durch Ausgleichszahlungen an Klimaschutzprojekte kompensieren sollten.

Eine genaue Beschreibung von Artikeln wird als die beste Maßnahme zur Vermeidung von Retouren angesehen

Retouren kommen vor dem Hintergrund des gesetzlichen Widerrufsrechts der Verbraucher zustande. Sie sollen bei Online-Bestellungen damit die Möglichkeit erhalten, die Ware zu prüfen oder zu testen. Grundsätzlich sind aus Verbraucherschutzsicht daher Maßnahmen zur Ressourcenschonung begrüßenswert, solange sie dieses wichtige Verbraucherrecht nicht aushöhlen.

Die Retourenquote ist in einigen Warensegmenten wie zum Beispiel online bestellten Schuhen und Kleidungsstücken sehr hoch, was zu Mehrfahrten führt und die Klimabilanz des Online-Handels verschlechtert. Da es viele Gründe für Retouren gibt, müssen Maßnahmen diese Ursachen berücksichtigen. Hierzu wurde gefragt, welche von verschiedenen möglichen Maßnahmen die Verbraucher am stärksten begrüßen. Ergebnis: Insbesondere eine genaue Beschreibung von Artikeln im Online-Shop finden die Kunden sinnvoll, um eine spätere Rückgabe gelieferter Ware zu vermeiden. Dieser Maßnahme stimmten 48% der Befragten „voll und ganz“ zu. Damit haben die Verbraucher praktikable Möglichkeit zur Vermeidung von Retouren erkannt.

Gesetzlich geregelt ist auch, dass Anbieter Kosten für Retouren auf Verbraucher abwälzen dürfen, sofern sie im Vorhinein darüber informieren. Eine solche Lösung stößt jedoch auf wenig Akzeptanz: Nur 15% der Befragten stimmten „voll zu“, dass die Kostenbeteiligung ein geeigneter Ansatz zur Vermeidung von Retouren ist.

Alle Ergebnisse der Umfrage zum Download:
-    Ergebnisse der Umfrage im Überblick (PDF, 914 KB)
-    Detaillierte Ergebnisse der Umfrage (PDF, 440 KB)
 


1 Vgl. https://www.oeko.de/forschung-beratung/themen/nachhaltiger-konsum/klimafreundlich-schenken-zu-weihnachten/, zuletzt geprüft am 11.09.2018.
2 Lange, Steffen und Tilman Santarius (2018): Smarte grüne Welt? Digitalisierung zwischen Überwachung, Konsum und Nachhaltigkeit. München: oekom Verlag, S.48.

 

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